August und ich
Evelyn Holst
Ullstein Tb 2006-04 Broschiert 411 Seiten
Zum Inhalt:
Constanze ist gefrustet: sie findet heraus, dass ihr Göttergatte eine Affäre hat, noch dazu mit einer Dame aus ihrem Fitnessstudio, die allerdings die Übungen wesentlich besser hinbekommt als sie, und ihre beiden Teenagertöchter sind aufmüpfig und frech und machen nicht, was sie will und ihre beste Freundin hat auch keine Zeit, weil sie Angst hat, dass ihr Mann ebenfalls eine Affäre hat.
Früher war eben doch alles leichter, denkt sie sich. Außerdem waren dort die Männer eben noch richtige Männer, so wie August der Starke. Der ist zwar auch für seine Mätressenwirtschaft bekannt, aber eigentlich geliebt hat er doch wohl nur die Gräfin von Cosel, die übrigens auch Constantia hieß.
Als ihr Mann und seine Geliebte nach Dresden reisen, fährt sie den beiden heimlich hinterher. Staundend betrachtet sie Augusts Stadt und erhält auf einmal die Möglichkeit, in die Vergangenheit zu reisen.
Plötzlich findet sie sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Dresden wieder - und zwar als Constantia von Cosel, Augusts Mätresse. Doch ist August tatsächlich besser als ihr Mann?
Meine Meinung:
Das Buch fährt sozusagen zweigleisig, denn Constanze bleibt nicht durchgehend in der Vergangenheit, sondern kommt immer wieder zurück in die Gegenwart, so dass diese eigentlich den größeren Rahmen in der Geschichte einnimmt.
Das fand ich ziemlich schade, da ich mich auf das Dresden des 18. Jahrhunderts gefreut hatte. Dennoch vermischt die Autorin gekonnt die beiden Leben miteinander und Constanze nimmt einige Lehren mit in die Zukunft (auch wenn sie sie nicht unbedingt gleich umsetzt).
Das Sittengemälde des Hofes Augusts ist stimmig und überzeugend, aber dennoch liegt der Hauptaspekt auf der Gegenwart. Ohne den Zeitreiseaspekt würde sich das Buch also wie viele Freche-Frauen-Bücher lesen lassen. Schade auch, dass die Zeitsprünge in der Vergangenheit ziemlich groß sind. Natürlich weiß ich, dass dieses Buch keine Biographie sein soll, aber es hätte mich gefreut, etwas mehr über die Beziehung zwischen August und Constantia, das Hofleben, ihre Zeitgenossen, etc. zu erfahren. Da die Protagonistin die Zeitreisen teilweise steuern kann, finden sich auch keine Szenen, in denen sich die Hauptfigur langsam an ihr neues Leben in der anderen Zeit herantastet, doch das hat in diesem Falle kaum gestört, obwohl ich solche Plots prinzipiell sehr gern habe.
Interessant fand ich es, wie sich Constanze in der Rolle der Gräfin verändert. Sie wird zynischer, abgebrühter, welterfahrener. Dennoch wird auch sie vom Leben enttäuscht. Das Buch hat auf jeden Fall neugierig auf August und die Cosel gemacht, aber ich hätte mir gewünscht, dass mehr über diese Zeit und weniger über die heutige Zeit geschrieben worden wäre.
Das Buch lässt sich flüssig lesen, ist teilweise humorvoll, aber dann auch wieder ernst. Eine gute Mischung also.
Fazit: gut zu lesen, ein nettes Lesevergnügen, aber nichts wirlich Herausragendes. Allerdings etwas, das das Interessa am Thema weckt und neugierig auf mehr macht. Und das ist doch auch viel wert! Ich würde sagen 7-8 von 10 Punkten.